Feines aus Urgetreide

 

Mit alten Sorten neue Impulse setzen

Urgetreide bilden einen Trend, der im Bäckerhandwerk seit einigen Jahren zunehmend an Relevanz für die Verbraucher gewinnt. Die Grundwerte Tradition, Natürlichkeit und Nachhaltigkeit spielen dabei eine entscheidende Rolle. Gerade im Bereich der Feinen Backwaren spricht die Kombination aus Ursprünglichkeit und neuen Geschmackserlebnissen alle Zielgruppen an. Kreativ mit weiteren Zutaten kombiniert, können Handwerksbäcker sich von anderen Anbietern differenzieren und mit einer gut durchdachten Vermarktung und Storytelling die Wertschöpfung steigern.

Die Renaissance des Urgetreides begann vor rund 15 bis 20 Jahren. Die geringen noch erhaltenen Mengen Saatgut mussten über Jahre gezielt vermehrt werden, bis sich die alten Sorten zu dem wichtigen Wachstumsmarkt entwickelt haben, den sie heute darstellen. In einer immer komplexer werdenden Welt gewinnen Einkorn, Emmer und Co. an Beliebtheit, denn sie befriedigen eine Sehnsucht nach Ursprünglichkeit und Tradition. Der kontrollierte Anbau verspricht darüber hinaus Natürlichkeit wie auch Nachhaltigkeit und macht Urgetreide einfach authentisch. Heute sind Urgetreide nach wie vor wertvolle Zutaten für Gebäcke, da ihre Verfügbarkeit zwar gewachsen, aber weiterhin limitiert ist. Geschmacklich zahlen sie diese Exklusivität mit ihren aromatischen Noten vielfach zurück.

1.     Charakterstarkes Urgetreide

Der Dinkel ist mit seinem leicht süßen, nussigen Geschmack in den letzten Jahren zum beliebtesten Urgetreide geworden und erfreut sich großer Bekanntheit. Aber auch der würzige Emmer, der gelbliche, nussige Einkorn, der butterige Khorasan-Weizen und der aromatisch süße Waldstaudenroggen konnten sich nach und nach etablieren und für verschiedene Spezialitäten empfehlen. Beim Einsatz von alten Sorten sind einige Besonderheiten dieser Getreide zu beachten. Die meisten Urgetreide haben im Vergleich zu den Standardgetreiden andere Klebereigenschaften. Es ist daher eine Herausforderung, komplett auf Zugaben zu verzichten und nur mit Urgetreidemehl zu backen. Stattdessen werden die alten Sorten in der Backstube überwiegend anteilig eingesetzt. Insbesondere das Know-how von spezialisierten Zulieferern ermöglicht es Bäckern, mit den alten Sorten zu backen und somit neue Brot- und Brötchen-Spezialitäten in ihr Sortiment aufzunehmen. Urgetreide hat sich damit einen überaus positiven Ruf erarbeitet. Es wird mit Handwerkskompetenz verbunden, mit einem vollen Aroma und einem besonderen Geschmacksprofil. Mit Brot und Kleingebäck aus Urgetreide haben sich viele Handwerksbäcker in den letzten Jahren ein bedeutendes Differenzierungsmerkmal aufgebaut, sodass es sich lohnt, diese Erfolge auch auf Feine Backwaren zu übertragen.

„Brot und Brötchen waren nur der Anfang. Auch mit Feinen Backwaren können sich Handwerksbäcker besonders von LEH und Discount differenzieren. Veredelt mit dem einzigartigen Geschmack von Urgetreide steigt außerdem die Wertschöpfung.” – Manfred Laukamp (Director Activation, verantwortet den Marketing-Services-Bereich von CSM Ingredients (Bremen) für Deutschland und Österreich)

 

2.     Mit Feinen Backwaren differenzieren

Ob als kleine Törtchen, Teegebäck oder Obstboden: Feine Backwaren eröffnen kreative Möglichkeiten, um den besonderen Geschmack von Urgetreide zur Geltung zu bringen. Moderne Genießer, die etwas Neues probieren möchten, werden davon genauso angesprochen wie die traditionsbewussten Freunde des klassischen Apfelkuchens. Tartelettes fügen sich bestens in den Trend von To-go-Käufen ein und bedienen gleichzeitig das wachsende Bedürfnis nach Stückgebäcken für Singles oder kleine Haushalte. Eine vielfältige Feinback-Theke, in der die Törtchen prominent mit Gebäckeinsteckern präsentiert werden, lädt Kunden immer wieder zu Impulskäufen ein. Auch das Teegebäck in portionierten, transparenten Tüten kann die Neugier am Urgetreide wecken. Durch die ausgeprägt nussigen, würzigen oder auch süßen Aromen, je nach Urgetreide, entstehen ganz neue Geschmackserlebnisse, die noch ausgeprägter sind als bei Vollkorngebäcken. Die leicht süßliche Note des Waldstaudenroggens lässt ihn etwa wunderbar mit anderen Zutaten harmonieren. Insbesondere die gelbliche Färbung von Einkorn verleiht den süßen Gebäcken zudem eine einzigartige Optik. Den saftigen Geschmack verdanken die Feinen Gebäcke aber nicht zuletzt auch den handwerklichen Fähigkeiten des Bäckers, der damit sein eigenes Können und das Image der Bäckerei bei den Kunden nachhaltig implementieren kann.

 

3.     Regionale Zutaten stärken Philosophie

Der geschmacklichen Vielfalt sind keine Grenzen gesetzt. Durch vergleichsweise gute Backeigenschaften besteht die Basis meist aus Dinkel und wird mit einer oder mehreren wertvollen Urgetreidesorten ergänzt. Die Auswahl an veredelnden Zutaten erfolgt dann in perfekter Harmonie zu den jeweiligen geschmacklichen Eigenschaften des Urgetreide-Feingebäcks. Bestens geeignet sind regionale Zutaten, um die naturbelassenen, nachhaltigen Qualitäten und die Philosophie des Getreides zu unterstützen. So bieten sich Hasel- oder Walnüsse an, und auch Mandeln verstärken den nussigen Charakter. Gartenbeeren, Rhabarber, Äpfel oder Kirschen eignen sich perfekt, um den Urgetreidearomen durch fruchtige Noten neue Facetten zu verleihen. Des Weiteren empfehlen sich Schmand, Joghurt, Honig, Mohn und Schokolade als „Geschmacksbooster“, die dank ihrer individuellen Aromen optimal mit Urgetreide harmonieren. Letztlich können auch Streusel aus Urgetreidemehl als Dekor die besondere Note verleihen. Wer einen einfachen Rührkuchen als Basis nimmt, kann diesen so mit wenigen Schritten veredeln und ganz unterschiedliche Geschmäcker bedienen. Regionale Streuobstsorten können zudem ins Marketing mit eingebunden werden, indem man auf den Landwirt aus der Gegend verweist und damit eine authentische Story vermittelt. Aber auch saisonal lassen sich Feine Backwaren aus Urgetreide vielseitig vermarkten. Zum einen bringen die Erntesaisons der Früchte Abwechslung in die Feinback-Theke, zum anderen sind immer auch Spezialitäten wie ein Osterbrot oder Weihnachtsstollen aus wertvollem Urgetreide denkbar. So können Bäcker das Potenzial der alten Getreide ganzjährig nutzen und ihre ganz persönliche Urgetreide-Geschichte entwickeln.

 

4.     Mehr Wertschöpfung durch Storytelling

Um sich von LEH und Discount zu differenzieren und die Chance zur Premiumisierung wahrzunehmen, reicht ein einfaches Anbieten von Feinen Backwaren aus Urgetreide nicht aus. Es braucht eine Idee, eine Geschichte, ein Marketing-Konzept, das bestehende und neue Kunden in und außerhalb der Filiale anspricht und zu Käufen anregt – und die Verbraucher dabei sogar von einem höheren Preis überzeugt. Denn die Veredelung mit Urgetreide rechtfertigt ein Premiumpreis-Niveau, dessen Unterschied zum Standardpreis je nach Standort und Zielgruppe variieren kann. Von zentraler Bedeutung ist daher ein gut geschultes Verkaufspersonal. Zwar ist Urgetreide hochpreisig als Rohware und rechtfertigt damit schon einen höheren Preis für das Gebäck. Das sollte allerdings nicht als Verkaufsargument genutzt werden. Stattdessen liegt es in der Verantwortung der Verkäuferinnen und Verkäufer, den Kunden über emotionale Werte abzuholen. Wer von der herausragenden Qualität, dem einzigarten Geschmack und der Ursprünglichkeit des Getreides überzeugt wird, der bezahlt gerne etwas mehr für das gute Gefühl, einen hochwertigen Genuss zu kaufen. Eine vertrauensbildende und imagefördernde Maßnahme für jeden Handwerksbäcker. Der erste Schritt erfolgt allerdings schon vorher. Wenn ein Kunde den Laden betritt, sollten die Urgetreide-Gebäcke sofort als solche erkennbar sein. Es helfen zum Beispiel Plakate und Gebäckeinstecker, um die Produkte gut sichtbar auszuloben. Die Neugier muss angeregt werden. Und das im Idealfall sogar schon lange vor Betreten des Ladens, wie beispielsweise mit Verteilkarten oder auf Social Media – bewährte Medien, um Bestandskunden zu pflegen und neue Kunden zu gewinnen. Wenn sie online von ihrer Lieblingsbäckerei schwärmen, dann ist ein entscheidendes Marketingziel erreicht.

5.     Zusammenfassung

Urgetreide bilden einen der großen Wachstumsmärkte im Bäckerhandwerk. Mit Natürlichkeit, Nachhaltigkeit und Tradition bieten sie Grundwerte, die in der heutigen Gesellschaft zunehmend an Relevanz gewinnen und die Sehnsucht nach Ursprünglichkeit widerspiegeln. In den letzten Jahren haben Handwerksbäcker zahlreiche neue Brot- und Brötchenspezialitäten in ihr Sortiment aufgenommen, um sich von LEH und Discount zu differenzieren und das Bedürfnis nach natürlichen, authentischen Lebensmitteln zu bedienen. Mit Feinen Backwaren kann diese dynamische Entwicklung fortgesetzt und ausgebaut werden. Feingebäcke bieten zudem viele kreative Möglichkeiten, um den aromatisch-nussigen Geschmack der Urgetreide mit Früchten, Nüssen oder Schokolade zu veredeln. Aber auch die Kombination von mehreren Urgetreidemehlen kann immer neue Genusserlebnisse schaffen. Zur Differenzierung von Wettbewerbern und Aktivierung von Kunden ist ein gut durchdachtes Marketingkonzept und Storytelling essenziell. Die Verbraucher sollten durch Aktivierungsmaßnahmen in den Laden gelenkt werden und dort die Feinen Backwaren aus Urgetreide sofort als Premiumgebäcke erkennen. Das geschulte Verkaufspersonal unterstützt durch fachkundige Informationen über die herausragende Qualität, den einzigartigen Geschmack und die Ursprünglichkeit des Getreides und übernimmt damit eine entscheidende Rolle, um die individuelle Urgetreide-Geschichte des jeweiligen Handwerksbäckers glaubwürdig zu vermitteln.

backwaren aktuell (Ausgabe 03/2022): wissensforum-backwaren.de/backwaren-aktuell

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit verzichten wir auf die gleichzeitige Verwendung der Sprachformen männlich, weiblich und divers (m/w/d). Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichermaßen für alle Geschlechter.

6.     Quellen

  • GfK Consumer Panels & Services, „Jahrespräsentation GfK Forschungsgemeinschaft Brot/Backwaren, Daten Jahr 2022 | GfK Consumer Panel Fresh Food“, März 2023
  • Statista, „Produktion von Palmöl weltweit in den Jahren 2002/03 bis 2022/23“, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/443045/umfrage/produktion-von-palmoel-weltweit/
  • Statista, „Verwendung von Palmöl nach Branche weltweit in den Jahren 2007/08 bis 2023/24“, https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1176655/umfrage/verwendung-von-palmoel-weltweit-nach-verwendungszweck/
  • WWF, „Runder Tisch für Palmöl“, https://www.wwf.de/themen-projekte/landwirtschaft/produkte-aus-der-landwirtschaft/runde-tische/runder-tisch-palmoel?gclid=EAIaIQobChMI1v-rmsbv_gIVy5JoCR21mgTwEAAYASAAEgIOLfD_BwE

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